In meiner Arbeit werde ich immer wieder mit eigenartigen Annahmen über die Achtsamkeitspraxis konfrontiert. Da heisst es beispielsweise, Achtsamkeitspraxis:
- heisst, alle Sinne einfach mal zu öffnen und wahrzunehmen, was einem in diesem Moment entgegenkommt
- dient der Entspannung
- dient der Ablenkung in schwierigen Situationen
- ist kontraindiziert bei hochsensiblen Menschen oder Menschen mit AD(H)S.
Personen, welche die oben genannten Annahmen an mich herantragen, sind meistens absolute Kopfmenschen. Sogar die Achtsamkeitsübungen bleiben bei diesen Menschen auf der Kopfebene haften!
Hier einige Beispiele:
- Die Achtsamkeitspraxis wird als Technik zur Entspannung betrachtet
- Sie wird lediglich in schwierigen Momenten angewandt
- Es wird mit einer Grundhaltung von Erwartung geübt
- Es wird vorwiegend mit dem Sehen, Hören, Riechen und Schmecken gearbeitet
- Die Körperebene mit dem haptischen, taktilen und propriozeptiven Sinn wird häufig wenig bis gar nicht miteinbezogen.
Diese Annahmen nenne ich aus meiner Sichtweise Stolpersteine, die sich teilweise hartnäckig aufrecht erhalten und grosse Hindernisse darstellen können.
Stolperstein 1
Die Achtsamkeitspraxis ist nicht eine Technik, sondern mehr eine innere Haltung. Dabei wird geübt, im gegenwärtigen Moment präsent, wach zu sein. Wahrzunehmen was gerade geschieht, ohne dies verändern zu wollen oder zu bewerten. Achtsamkeit hat zudem damit zu tun, Freundlichkeit sich selbst gegenüber zu kultivieren, selbst dann, wenn wir ängstlich und enttäuscht sind oder uns hilflos fühlen.
Es gibt einige Achtsamkeitsübungen wie beispielsweise der klassische Bodyscan (Wahrnehmungsreise durch den Körper), der durchaus entspannend wirken kann- das ist ein wunderbarer Nebeneffekt!!
Übt man sich in Achtsamkeit, kann es emotional ziemlich schwierig werden. Warum? Weil man durch das achtsam Sein präziser wahrnehmen lernt und beginnt, Schwieriges zuzulassen anstatt zu verdrängen wie bis anhin. Achtsam sein eröffnet den Zugang zu Unbewusstem, ähnlich wie Hypnose, hat also eine sehr tiefgreifende und lebensverändernde Wirkung und dient der Emotionsregulation!
Stolperstein 2
Wie oft können wir anderen Menschen besser helfen als uns selbst?
Und genau wegen dieser Dynamik üben wir uns im achtsam Sein so oft es möglich ist. Genau wie im Fitnesscenter, wo wir einen Muskel trainieren, trainieren wir uns dabei, achtsam zu sein. Auch mit dem Auto losgebraust sind wir erst, nachdem wir einige Fahrstunden genommen hatten. Kein Mensch bei guten Sinnen würde einfach einsteigen und auf die Autobahn losfahren….
Stolperstein 3
Gehen wir in eine Erfahrung, Begegnung oder Übung in einer Erwartungshaltung, schränkt dies uns ein. Wir bleiben nicht offen, empfänglich und wertfrei für das, was uns begegnen könnte. Wir verlieren an Flexibilität, Weite und Agilität!
Stolperstein 4
Machen wir uns bewusst, dass das Auge und das Ohr die Haupteintrittsstellen für Stressoren sind, kann es tatsächlich zur Überflutung auf der Sinnesebene kommen und die allgemeine Reizüberflutung noch verstärken!
Beziehen wir den Tastsinn und die Körperwahrnehmung mit ein- so kommen wir auf einfache Weise vom Kopf weg in den Körper.
Erfahre in diesem Artikel, wie du gut im Körper sein kannst.
Stolperstein 5
Unsere Sinnesorgane sind nicht nur im Gesicht beheimatet. Es gibt noch einen weiteren Sinn. Den Sinn, der uns Informationen über unsere Körperhaltung und die Lage bzw. Position im Raum (Propriozeption) übermittelt:
„Unsere fünf Sinne ermöglichen uns Reize von unserer Umwelt, also von aussen wahrzunehmen. Wir verfügen aber auch über ein Sinnessystem, welches uns ermöglicht, die Bewegung unseres Körpers zu spüren. Dabei handelt es sich um Reize von innen. Wir nennen es „kinästhetisches Sinnessystem“.
Es spielt eine besondere Rolle in der Kontrolle der Bewegung und der menschlichen Funktion. Nur durch die Bewegungsempfindung können wir unser Gewicht in der Schwerkraft kontrollieren, unsere fünf Sinne einsetzen oder Herzschlag, Atmung etc. regulieren.“ Lenny Maietta/Frank Hatch
Die obengenannten Aspekte beziehen den gesamten Körper mit ein.
Aus diesem Grunde übe ich mit meinen Kundinnen und Kunden, die achtsame Körperwahrnehmung und Bewegungsarbeit als Option zu sehen und diese zu erlernen.
Wichtig finde ich zudem sich klar zu machen, dass wir beim Wahrnehmen in Bewegung bleiben dürfen- unsere Aufmerksamkeit hin und her pendeln lassen können: mal auf die visuellen Eindrücke achten, unsere Gefühle wahrnehmen, hören oder die Wirkung der Erdanziehungskraft erspüren etc.
Man muss nicht «entweder- oder» und auch nicht alles auf einmal!
Tipps:
- Übe mit einer inneren Haltung von kindlicher Neugierigkeit.
- Auch wenn Du eine Übung oder Erfahrung schon zum 100sten Mal machst, gehe darauf zu, als wäre es das erste Mal für dich.
- Beziehe vermehrt deine Selbstwahrnehmung in Bewegung und die Wahrnehmung deines Körpers mit ein.
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